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ORTSMITTE MARTINSRIED
Die Frage nach der Ortsmitte beschäftigt sich mit der Identität eines Ortes - in Martinsried auch aufgrund der besonderen Lage zwischen der Stadt München und dem Würmtal. Die Würmtalgemeinden haben eine eigene sehr klare historische und geographische Grundidentität, die auf der Reihung der Orte entlang der Würm beruht. Durch die Entwicklung der S-Bahnlinie 6 wurde diese wohlhabend-vorstädtische Identität durch öffentliche Infrastruktur bestätigt und verstärkt.
Obwohl Martinsried ein Ortsteil von Planegg ist, trifft die Zuordnung zum Würmtal nur bedingt zu. Es ist ein eigener Ort, gelegen in der bewaldeten Landschaft des Münchener Südwestens, mit seiner eigenen Geschichte und Entwicklung. Neben der Nachbarschaft zum Würmtal liegt Martinsried im Einflussbereich der Grosstadt München und beherbergt international renommierte Forschungsinstitute, so dass unterschiedliche Einflüsse und Atmosphären aufeinandertreffen und sich überlagern, was auch in der Struktur des Ortes ablesbar ist.
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Nach der rasanten Entwicklung Martinsrieds bis Ende der 80er Jahre, blieben die Dynamik und die Investitionen für einen gestalteten Ausbau der Ortsmitte plötzlich stecken. Heute entsteht jedoch durch die Erweiterung des LMU-Campus und die geplante U-Bahnerschliessung nochmals eine neue Situation. Bei dem Projekt Ortsmitte Martinsried ist deshalb die Frage entscheidend, welche Chancen und Entwicklungen für den gesamten Ort von diesem Impuls ausgehen. Es ist ein städtischer Impuls, so wie viele der jüngsten Einflüsse Martinsrieds eher städtischer als vorstädtischer oder ländlicher Natur waren. Dementsprechend wird mit der Einbindung in das städtische U-Bahnnetz, als prominente Endhaltestelle der U6, eine neue Realität abgebildet, die für Martinsried neue Möglichkeiten eröffnet. Ein Ort im städtischen U-Bahnnetz hat eine ganz andere Präsenz und Erreichbarkeit und tritt in einen neuen Zusammenhang.
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Die Aufgabenstellung für die Ortsmitte fasst die Defizite Martinsrieds hinsichtlich des Ortsbildes und des öffentlichen Raums zusammen, die in zahlreichen Analysen, Bürgerinitiativen und Befragungen ermittelt und beschrieben wurden. Die Probleme, die der wachsende Autoverkehr seit 3 Jahrzehnten mit sich bringt, und die bisher vergeblichen Lösungsversuche spielen in Martinsried eine substantielle Rolle und bilden in allen Diskussionen ein Kernthema. Der Autoverkehr scheint der eigentliche Ausgangspunkt vieler Unzufriedenheiten zu sein, und bildet so den szenischen Hintergrund, vor dem das ganze Verfahren stattfindet. Der Auslöser für das Verfahren ist dagegen die Fragestellung, wie sich die Entwicklungen der Campuserweiterung und des Ausbaus der U6 bis Martinsried (Campus) auf den Ort auswirken, und wie sie mit Mehrwert zu integrieren sind. Die Qualitäten Martinsrieds, also die Lage in der Landschaft, die Wohnqualität, der internationale Campus, etc., stehen scheinbar nicht in Verbindung zur Infrastruktur oder der Anlage der öffentlichen Räume - eher im Gegenteil. Die Qualitäten Martinsrieds existieren, trotz der Mängel an Aufenthaltsqualität und Gestaltung.
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Kurz gesagt gleicht Martinsried heute einer geräumigen Wohnung, der das Wohnzimmer fehlt - bzw. das Zimmer wäre eigentlich schon vorhanden, es ist nur nicht eingerichtet und man fühlt sich dort nicht wohl. Was fehlt also zur Einrichtung dieser Wohnung? Welche Funktionen und Atmosphären müssen zusammengebracht werden, um Leute anzuziehen? Welche räumlichen Qualitäten und Zusammenhänge erzeugen dieses Gefühl einer echten Mitte und einer Identituat des Ortes?
Als Ortschaft ist Martinsried konzeptionell klar strukturiert. Es gibt, auf engem Raum nebeneinander, Gebiete mit sehr unterschiedlichen Charakteren, fast wie die Viertel einer kleinen Stadt: Alter Ortskern, Wohngebiete, Businesspark, Campus und die Freiräume. Die Identität Martinsrieds wird von diesen klar definierten Ortsteile zusammen gebildet, und ist dementsprechend vielschichtig. Damit unterscheidet sich Martinsried deutlich von anderen Vorortgemeinden.
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Unser Ansatz für die Neuordnung der Ortsmitte Martinsried bezieht sich zum einen auf den städtischen Impuls für die Ortsentwicklung, der von dem Campusausbau und von der U-Bahn ausgeht, zum anderen auf die in der Ortsstruktur bereits angelegten Potentiale, die es zu ordnen und räumlich und programmatisch zu stärken gilt.
Die verbesserte Vernetzung mit der Stadt München und der Zugewinn an Arbeitsplätzen und jungen Bewohnern stellen das nötige Momentum her für Entwicklung und Investitionen, die auch in der Ortsmitte ihre Wirksamkeit für die Identität und die Lebendigkeit Martinsrieds entfalten. Daneben stellen eben die brachliegenden Flächen und die Fehlplanungen vergangener Jahre heute das Potential dar, das es der Ortsmitte Martinsried ermöglicht, auf die genannten Entwicklungen zu reagieren und sie mit Gewinn für den Ort zu integrieren.
Durch ein Konzept, das auf der Identität und den Möglichkeiten Martinsrieds aufbaut, kann die vor ca 25 Jahren grosszügig geplante und freigehaltene Mitte heute ihre Bestimmung erfüllen - sie muss nur aktiviert und neu eingerichtet werden.
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Es soll also nicht eine Neuplanung der Ortsmitte geben sondern ein Weiterführen des Konzeptes der 'vielkernigen Vorstadt'. D.h. die einzelnen Bereiche sollen gemäss ihres jeweils eigenen Charakters komplettiert und aufgewertet werden. Sie wirken wie eine Familie unterschiedlicher Räume, die um einen zentralen Platz, einen 'Paseo', versammelt angeordnet sind - ein städtisch dicht bebauter 'business park' mit Einzelhandelszentrum, ein homogen bebautes Wohnviertel mit grünen Innenhöfen, ein vorstädtisches Doppel- und Reihenhausgebiet und daran angeschlossen ein ruhiger historischer Ortskern mit Übergängen zum Ort, zum Park und zu einem weiteren charakteristischen Raum - dem Internationalen Campus Martinsried.
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Die strukturellen Veränderungen sind aus vielerlei Gründen komplex und vollziehen sich langsam. Gleichzeitig gibt es jedoch Spielraum, Projekte zur Aufwertung des öffentlichen Raums in der Mitte spontan und schnell umzusetzen. So wird die Attraktivität und Identität der Mitte gesteigert und das Feld für die Realisierung der grösseren und längerfristigen Massnahmen bereitet. Ein grosser Vorteil ist hierbei das gemeindliche Eigentum der öffentlichen Räume, die so bemessen sind, dass bei ihrer Umgestaltung auch finanzielle Werte generiert werden können. So hat die Gemeinde die Möglichkeit aus eigener Initiative den Prozess anzustossen und zu gestalten - völlig unabhängig von anderen Grossprojekten wie U-Bahn oder Umgehungsstrasse.
Team credits:
Johannes Schele, Caro Baumann, Fatemeh Moaiyeri
TOPOTEK 1: Martin Rein Cano, Mania Lohrengel, Elena Erickson, Janka Paulovics
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