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Welche Art von "Spitze" würde der Zollhafen in Mainz verdienen?
In vielen Städten in Europa und darüber hinaus werden ehemalige Hafenflächen als neue Nachbarschaft entwickelt. Der Mix aus alt und neu und die natürliche Umgebung sind die wichtigsten Zutaten für eine gelungene Sanierung. Um nicht die immergleiche Erfolgsgeschichte zu kopieren, ist es wichtig, die neuen Gebäude im Zollhafen mit lokalem Charakter zu denken, um eine spezifische 'Mainzer Stimmung' zu erreichen. Im Fall der Hafenspitze ist noch kein besonderes oder öffentliches Programm gegeben, das als treibende Kraft hinter einer solchen lokal verankerten Entwicklung stünde. Vielleicht ist dieser Umstand als 'Glück im Unglück' aufzufassen, da er der Entwicklung des Gebiets die gleiche neutrale Offenheit bewahrt, die man bei erfolgreichen Umnutzungen alter Hafengäude beobachtet kann. Viele Nutzungen sind möglich, jedoch bleiben spezifische Elemente wie alte Fenster, Fassaden oder originale Oberflächen erhalten und bestimmen den Charakter.
Für unser Projekt verwenden wir solche 'Mainzer Elemente' bei beiden Gebäuden. Kombiniert mit zeitgemässen Anforderungen an Nachhaltigkeit und moderne Arbeitsplätze ergeben sich zwei individuelle Charaktere für den Zollhafen. Sie bilden ein Paar, das durch Gemeinsamkeiten und Unterschiede charakterisiert ist, und das dem Zollhafen Quartier in einem frühen Stadium einen Identifikationspunkt bietet. |
Der Entwurf für die Hafenspitze basiert auf einer neuen Interpretation des Bebauungsplanes - zwei freistehende Volumen anstelle des über Eck 'angeschnittenen' Hofes. Dadurch wird der Hof zum Platz, und die neue Bebauung kann die besondere Lage am Kopf des Hafenbeckens optimal ausnutzen, um ein eigenständiges Zeichen für den Ort zu entwickeln, was insbesondere für eine Pionierbebauung des Gebietes eine wichtige Funktion ist. Überdies werden einige Schwächen des ursprünglichen Plans korrigiert.
Die beiden Gebäude, der Block und der Turm, bilden ein Ensemble, was durch die Formgebung der abgeschrägten Sockelbereiche und durch die Ähnlichkeiten im Fassadenkonzept unterstrichen wird. Zugleich drücken sich die angestrebten Unterschiede in Budget und Nutzung im äusseren Erscheinungsbild aus. Die Volumen werden als kräftige, sehr kompakte Bürogebäude entworfen, die das Weglassen der beiden Seitenflügel kompensieren.
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Bei dem Turm öffnen die schrägen Einschnitte in das Volumen den Platz und die Blickbeziehungen nach Süden zum Hafenbecken. Bei dem Block kragen die abgeschrägten Enden über die Strasse aus, um zusätzliche Nutzfläche zu schaffen. Das Mass der Auskragung resultiert aus einer funktionalen Überlegung, nämlich den maximalen Fluchtabständen im Gebäude. Es würde aufgrund der Abmessungen auch mit einem einzigen Kern funktionieren. Zudem können aufgrund des Abstandes zum Nachbarn auch die kurzen Fassaden natürlich belichtet werden.
Die Faltung bzw. dreidimensionale Durcharbeitung der beiden Fassadensysteme gibt dem Ensemble gestalterische Konsistenz - sie unterscheiden sich jedoch in den Bürotypologien und im Ausbau (und im Budget).
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Die beiden Gebäude sind hinsichtlich Materialisierung deutlich unterschieden, sowohl in der äusseren Erscheinung als auch in den Einbauten und Ausbaustandards im Inneren.
In der Innenstadt von Mainz fallen die fast durchgehend dunklen, mit Schiefer gedeckten, Dächer auf, sowie die oft von rauhen Rustika-steinen gefassten Putzflächen. Diese beiden Eindrücke finden sich im Fassadenkonzept für die Hafenspitze in abgewandelter Form wieder.
Die dunklen Bänder der Turmfassade sind mit Schieferschindeln gedeckt. Die nach innen geneigten grossen Glasflächen ermöglichen maximalen Ausblick über den Hafen und das neue Quartier. Die Fassadenelemente des Blocks greifen das Rauhe der Sandsteinrustika auf, die mitunter stark profilierte Bänder oder Felder ausbilden. Hier bilden die gefalteten Elemente aus hell gefärbtem rauhen Beton oder Kunststein eine umlaufende Haut, oder 'rauhe Schale', in die die Fenster eingeschnitten sind. |
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Der Block wird von einer grossen Lobby, die die beiden Kernen verbindet, erschlossen, so dass er eine Adresse bildet. Entsprechend der Zielgruppe von start-ups und Kreativwirtschaft werden loft-artige Räume und Ausstattungen vorgeschlagen. Die Gebäudehöhe wird in fünf gleich hohe Geschosse eingeteilt, die nicht durch doppelte Böden oder abgehängte Decken reduziert werden soll. So entstehen hohe Arbeitsräume mit 'rauhem Charme'. Das Dach des Blocks soll begrünt werden und für die Mieter zugänglich sein. Der Turm erhält den Haupteingang von der Platzseite. Er bietet geschossweise Büroraum mit hohem Ausstattungsstandard an. Die Haustechnik wird weitestgehend in den Decken- bzw. Bodenaufbau integrier. Das Erdgeschoss sieht besondere Nutzungen vor, die auch Externen zur Verfügung stehen könnten. Die grosse Halle wird um drei Stufen abgesenkt und bietet Platz für diverse Veranstaltungen wie z.B. grosse workshops, Vorträge, Tagungen, die intern oder extern gebucht werden können.
Programm:
ca. 12.300 m2 Büroflächen
ca. 1.000 m2 Tiefgarage
ca. 1.500 m2 Freiraum / Plaza
Team:
Architektur: MVRDV & morePlatz
techn. Beratung: BuroHappold
Auftraggeber:
CA Immo Deutschland GmbH
Europa-Allee 22
60327 Frankfurt am Main |
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